Brot, das verbindet – Der Leib Christi als Ursprung der Gemeinschaft

22. Juni 2025 in Aktuelles


Papst Leo XIV. ruft am Fronleichnamsfest zu einem eucharistischen Lebensstil auf: Geteiltes wird mehr – und Gott beginnt mit dem Teilen. Der Ursprung des Teilens. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Hochfest des Leibes und Blutes Christi, das in Italien traditionell am darauffolgenden Sonntag nach dem liturgischen Donnerstag gefeiert wird. Zur Mittagsstunde betete Papst Leo XIV. am Fenster des Apostolischen Palastes das Gebet des Angelus. In seiner Katechese deutete der Papst das Evangelium des Tages (Lk 9,11–17): das Wunder der Brotvermehrung. Von dort aus führte er auf den Weg zur Mitte – zur Eucharistie.

„Das Wunder ist, jenseits des Wunderhaften, ein Zeichen“, sagte der Papst, „und erinnert uns daran, dass die Gaben Gottes, auch die kleinsten, umso stärker wachsen, je mehr sie miteinander geteilt werden“. Leo XIV. ließ keinen Zweifel daran, dass es ihm nicht um ein bloßes moralisches Appellieren geht, sondern um eine Theologie des Teilens, die in der Fleischwerdung Gottes gründet. So verwies er auf das eigentliche Wunder, das der Evangelist Lukas nur vorbereitet, Gott selbst beginnt zu teilen: „Wir wissen, dass jedem menschlichen Teilen ein größeres zugrunde liegt: Gottes Teilen im Hinblick auf uns“.

Dieser Gedanke durchzog die gesamte Katechese. Gott, der Schöpfer, macht sich bedürftig. Er lässt sich von Maria einen sterblichen Leib geben, vertraut sich der menschlichen Armut an – nicht aus Not, sondern aus Liebe. Der Papst verwies  auf Nikolaos Kabasilas: „Er hat sich entschieden, sich gerade des Wenigen, das wir ihm bieten konnten, zu bedienen, um uns zu erlösen“.

In diesem Licht leuchtet auch die Geste der Jünger neu auf: Sie geben Jesus das Wenige, das sie haben – fünf Brote und zwei Fische. Es ist genau dieses Wenige, das sich, in den Händen Christi, in Fülle verwandelt. Für Leo XIV. ist dies eine Analogie zur Eucharistie selbst. Brot und Wein, auf den Altar gebracht, werden mit dem Opfer des menschlichen Lebens verbunden – und durch Gottes Segen gewandelt. „Gott vereint sich mit uns, indem er das, was wir bringen, mit Freude annimmt“, erklärte der Papst. Das Geschenk ist nicht nur etwas, das wir machen. Es ist eine Bewegung, die Gott in uns erwidert – und übersteigt.

Leo XIV. zog eine Parallele zum alltäglichen Leben: „Denken wir daran, wie schön es ist, wenn wir ein Geschenk machen – vielleicht ein kleines, unseren Möglichkeiten entsprechend – und wir sehen, dass es dem Beschenkten gefällt. […] In der Eucharistie geschieht eben genau dies zwischen uns und Gott. Der Herr nimmt das Brot und den Wein, die wir auf den Altar legen, zusammen mit dem Opfer unseres Lebens an, segnet sie, heiligt sie und verwandelt sie in den Leib und das Blut Christi, das Opfer der Liebe zum Heil der Welt“. Das sei keine fromme Geste, sondern eine reale Wirklichkeit: Die Eucharistie ist keine Einbahnstraße von oben herab, sondern eine Bewegung wechselseitiger Liebe, in der Gott selbst der erste Liebende ist. Gott wartet auf unser Weniges – das Brot unseres Alltags, das Kreuz unseres Lebens, das Gebet unserer Müdigkeit.

In einem Zitat des heiligen Augustinus brachte der Papst den geistlichen Kern auf den Punkt: „Wie aus den Weizenkörnern, die zusammengetragen werden, ein einziges Brot entsteht, so wird in der Eintracht der Liebe ein einziger Leib Christi gebildet“ (Sermo 229/A, 2). Für Leo XIV. ist das keine bloße Symbolik, sondern eine tief reale Wirklichkeit, die jeden Gläubigen in die Verantwortung ruft. Wer die Eucharistie empfängt, wird in eine Sendung hineingenommen: der Leib Christi zu werden in der Welt, Träger der Liebe, Diener des Friedens.

Der Papst blickte voraus auf den Abend: auf die traditionelle Fronleichnamsprozession in Rom. Nach der Feier der heiligen Messe wird das Allerheiligste durch die Straßen der Stadt getragen. Ein öffentliches Bekenntnis – nicht der Macht, sondern der demütigen Gegenwart Christi in der Mitte des Volkes. Leo XIV. Erklärte: „Möge diese Feier ein leuchtendes Zeichen unseres Bemühens sein, an einem jeden Tag – ausgehend vom Altar und vom Tabernakel – Träger der Gemeinschaft und des Friedens füreinander zu sein, im Teilen und in der Liebe“.

Hier schließt sich der Kreis: Vom Wunder der Brotvermehrung über die Inkarnation bis zur eucharistischen Gegenwart führt die Linie, die nicht Theorie ist, sondern gelebter Glaube. Die Sakramentsprozession ist kein Ritual der Vergangenheit, sondern die Gestalt einer Kirche, die unterwegs ist – verwundet, betend, segnend. Die Botschaft dieses Angelus ist klar: Die Eucharistie ist nicht nur ein Sakrament, das wir empfangen – sie will zur Form unseres ganzen Lebens werden. In ihr wird das Wenige, das wir geben können, angenommen, gewandelt, verschenkt. Wer so lebt, lebt nicht mehr aus sich selbst. Er lebt aus dem Brot, das verbindet – aus dem Leib Christi. So schlossen Leo XIV. mit einem Aufruf zur Umkehr: vom Ich zum Wir, vom Haben zum Teilen, vom Wort zur Tat – und alles ausgehend vom eucharistischen Christus, dem Brot, das sich in den Händen der Kirche sich vermehrt.

Die Ansprache von Papst Leo XIV. bietet eine theologische Deutung des Evangeliums vom Wunder der Brotvermehrung, die in das eucharistische Verständnis übergeht. Das Teilen der Menschen verweist auf das vorhergehende Teilen Gottes. Die Eucharistie wird als Ort dieser Bewegung beschrieben. Die Wandlung von Brot und Wein wird als Annahme des Menschlichen durch Gott verstanden. Die kirchliche Gemeinschaft entsteht aus der Annahme dieser Gabe und aus der Bereitschaft zum Teilen. Die Fronleichnamsprozession wird so Ausdruck dieser Gemeinschaft, die sich vom Altar her erneuert und vom eucharistischen Opfer her lebt.

Foto (c) Vatican Media

 


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