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Republik der Dünnhäutigen

5. Dezember 2025 in Kommentar, 16 Lesermeinungen
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Eine Generation verwechselt Gefühle mit Argumenten – und Universitäten kapitulieren vor moralischer Erpressung. Der Fall Ostritsch zeigt: Wo Tränen regieren, verstummt die Vernunft - BeneDicta von Dorothea Schmidt

Regensburg (kath.net)

Manchmal fragt man sich, ob wir als Land kollektiv beschlossen haben, erwachsenes Denken gegen Wärmflaschen und Kuscheltiere einzutauschen. Vergangene Woche wurde ein Journalistenkollege, Sebastian Ostritsch, gecancelt. Er sollte an der Münchener Jesuitenhochschule einen Vortrag zum Thema „Ist Gottes Existenz eine Sache der Vernunfterkenntnis?“ halten. Doch die Einladung wurde zurückgezogen. Begründung: Er sei ein „rechtsextremer Fundamentalist“.

Man könnte den Fall zu den Akten legen, wäre er nicht ein Paradebeispiel dafür, wie sich die Cancel Culture immer tiefer in Institutionen frisst. Viele huldigen ihr – aus Angst, unangenehm aufzufallen oder jemanden in Tränen ausbrechen zu sehen. Was genau ist passiert? Nun: Ostritsch äußert sich kritisch zu Cancel Culture, Identitätspolitik und politischem Aktivismus. Er wagt es, eine unbequeme Meinung auszusprechen. Darum wohl stehen ganze Empörungskader Gewehr bei Fuß, als sei die Republik in Gefahr.

Die Empfindlichkeiten regieren

Zur Erinnerung: Es geht um Worte, die manche nicht hören wollen – nicht um Waffen. Doch in der Republik der Dünnhäutigen gilt ein Gedanke schon als erster Schritt zum Staatsverbrechen. Mittlerweile genügt es, dass sich irgendjemand durch irgendeine Aussage irgendwie unwohl fühlt, um eine Empörungslawine loszutreten und dafür zu sorgen, dass halb Deutschland strammsteht und pariert, um ja nicht aufzufallen. Selbstzensur nennt man das auf der einen Seite. Auf der anderen Ist es Machtausübung einer pressure group, die das Recht für sich beansprucht, die Debatte führen und für alle anderen entscheiden zu dürfen. Denn Emotionen, als Ersatz für Argumente inszeniert, werden zu moralischen Atombomben; einmal abgeworfen, ist jede Diskussion ausgelöscht. So war es beim Synodalen Weg — der Synodale Ausschuss wird nun von Gleichdenkenden dominiert; wer deren antikirchlichen Projekten widersprach, ist raus — und so ist es auch an den Universitäten. Wer hätte gedacht, dass Macht so billig zu haben ist.

Wir erleben eine Generation, die jeden Widerspruch als Mikroaggression betrachtet und das eigene Tränenreservoir als politisches Druckmittel nutzt. Pauline Voss nennt sie die „Generation Krokodilstränen“ — ich nenne es emotionale Erpressung. Ein bisschen Betroffenheit zeigen und ganze Institutionen knicken ein. Universitäten vergessen zunehmend, wofür sie eigentlich stehen: für Denken, Debatten, für eine robuste und reife Streitkultur. Stattdessen knien sie vor jenen nieder, die im Empörungstheater und in der Gefühlsduselei am lautesten auftreten.

Universitäten: Wo Argumente nicht mehr zählen

Früher galt an der Uni: Zeig mir dein Argument, und ich zeige dir meins. Heute heißt es: Zeig mir deine Emotion, und ich schweige lieber. Man sehnt sich beinahe nach Aristoteles oder noch besser nach Thomas von Aquin und deren unaufgeregten Dispute zurück, in denen Argumente noch etwas wert waren. Heute würde man Aquin wohl als „stummen Ochsen“ gefesselt und geknebelt in der hintersten Hörsaalecke versauern lassen, statt ihm zuzuhören. Er hat ja Argumente. Und würde man ihn doch anstellen, müsste die Uni sicherheitshalber eine Taskforce zur Bewältigung von Gefühlsausbrüchen gründen. Und Aristoteles? Der hätte wohl vor zu viel Pathos gewarnt — und hätte anschließend vermutlich in Untergrund fliehen müssen.

Die Gesellschaft bricht an ihrer eigenen Zerbrechlichkeit

Das Problem im Fall Ostritsch ist nicht nur seine Ausladung. Das Problem ist eine akademische Jugend, die eigentlich lernen sollte, ihre Gripszellen zu benutzen, die aber Sand ins Getriebe gestreut bekommt, sobald sie beginnt, selbst zu denken. Empörung ist das neue Studienfach. Denken wirkt verdächtig. Gefühle werden als objektive Tatsachen behandelt, die wiederum Gefühle verletzen können und somit als gefährlich gelten.

Doch was soll aus einem Land werden, in dem Gefühl die Vernunft schlägt, Befindlichkeit die Freiheit außer Kraft setzt und Empörung jeden Dialog erstickt? Nun, ganz einfach (und ernüchternd): Es entstehen Mitläufer. Menschen, die das Denken meiden, Gefühle zu Gesetzen erklären und jedem das Wort entziehen, der nicht in die moralische Komfortzone passt. Anders gesagt: Trete jemandem verbal auf die Zehen, und du machst dich eines politischen Vergehens schuldig.

Deutschlands Abschied von einer offenen Gesellschaft

Man muss Ostritschs Meinung nicht teilen. Man muss sie nicht mögen und kann sie sogar falsch finden. Aber ein flächendeckendes, reflexhaftes, kollektives Canceling bringt ein Land hervor, das aus lauter Hyper-Sensibelchen in Dauer-Trotzphase besteht: Alle liegen schreiend und sich windend auf dem Boden oder stampfen heulend mit dem Fußen — schlichtweg, weil jemand eine andere Meinung hat.

Diese Cancel Culture ist kein Kampf für Gerechtigkeit, sondern ein Kampf gegen eine demokratische Kultur und das Aushalten der Meinung des anderen. Selbst die Kirche macht mit — und zeigt weltweit, wie Synodalität nicht funktioniert. Kurz: Deutschland hat es geschafft, das Gegenteil einer offenen Gesellschaft zu bauen – und nennt es auch noch Fortschritt. Sehr peinlich.

Dieses Land braucht dringend eine Rückbesinnung auf Tugenden wie Robustheit, Tapferkeit, Widerspruchsfähigkeit und Gedankentoleranz – Eigenschaften, die selbstständig denkende, erwachsene Menschen hervorbringen. Vor allem aber braucht es eines: moralische Gelassenheit. Man muss sich nicht bei jeder Gelegenheit angegriffen fühlen. Erwachsensein bedeutet Selbstständigkeit, Selbstdisziplin, die Bereitschaft zuzuhören und eigenständig zu denken – ebenso wie die Fähigkeit zur Selbstkritik und dazu, andere Meinungen auszuhalten. Erwachsensein bemisst sich nicht daran, wer am lautesten „Aua!“ ruft oder die meisten Tränen vergießt.

Wir brauchen eine Streitkultur, die den Namen verdient, Professoren, die nicht bei jedem Studententränchen einknicken, sondern Rückgrat zeigen. Eine Demokratie lebt von Menschen, die Meinungsvielfalt nicht nur dulden, sondern ertragen können. Ein Land, das keinen Widerspruch aushält, ist keine Demokratie.

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Lesermeinungen

	Steve Acker 7. Dezember 2025
	Verusdeum für mich ist Kiel leider auch weit weg. Aber falls ich da mal hinkomme, werde ich auf jeden Fall schauen, im Mohrenkopf einzukehren.	1

	Steve Acker 7. Dezember 2025
	Grad auf focus gelesen. Merz hat seit 2021 hunderte von Anzeigen wegen Beleidung gestellt, teilweise führten sie zu Hausdurchsuchungen, auch bei einer behinderten Rentnerin. Merz nutzte die Firma So done. Diese, gegründet von einem FDP Politiker, grast das Internent nach möglichen Beleidigungen ab, trägt sie den betroffenen Politikern vor, und kassiert dann die Hälfte der Strafgelder.	1

	Versusdeum 6. Dezember 2025
	@Steve Acker Schade, dass Kiel so weit weg ist. Denn Onuegbu würde ich gerne bei einem guten Essen kennenlernen wollen. Besonders originell seine Anekdote, als sich ein Pärchen über den "rassistischen" Namen des Lokals beim Geschäftsführer beschweren wollte. Als der Kellner Onuegbu holte, sagten sie nein, sie würden den Geschäftsführer sprechen wollen. Tja, wer behauptet, er habe keine Vorurteile, der hat die meisten.	0

	Versusdeum 6. Dezember 2025
	@Die Erinnerung Ihrer Analyse kann ich nicht folgen, denn im Westen der Republik ist es u.a. unsere (glaubenstreu-) katholische (und analog auch evangelische) Erziehung, die Menschen besonders resistent gegen totalitäre Tendenzen gemacht und Dissidenten wie Norbert Bolz hervorgebracht hat. Ansonsten scheinen echte Atheisten wie Richard Dawkins selten geworden zu sein, die Fakten und Wissenschaft zusammen mit Feministinnen wie J.K. Rawling oder Alice Schwarzer verteidigen. Helden unserer Zeit sind auch gut integrierte Zuwanderer und deren Nachkommen, wie Prof. Bassam Tibi, Hamed Abdel Samad, Serge Menga oder offenbar auch Güner Balci, die wissen, was Clan-Tribalismus und Islamismus bedeuten und die - teils unter Polizeischutz leben müssend - unsere Art zu leben gegen den blindwoken Untergang verteidigen, ebenso wie viele Ostdeutsche, die nach der DDR sehr sensibel auf linke Propaganda und totalitäre Tendenzen reagieren und keine Lust auf die dritte "sozialistische" Diktatur in 90 Jahren haben.	0

	Johannes14,6 6. Dezember 2025
	Dünnhäutig sind auch unsere Politiker wenn sie unbescholtenen Bürgern morgens um 6 die Polizei ins Haus schicken, wegen Weiterleiten eines Memes oder X Posts (Norbert Bolz) und aus Anzeigen wegen Beleidigung ein einträgliches Zusatzgeschäft machen. Spitzenreiter mit hunderten Anzeigen waren m.W. in der letzten Legislaturperiode Habeck 805,Bärbock 513 und Strack-Zimmermann >1900 (250/Monat in 2023). Im AUSTEILEN, Bürger-Beschimpfen sind sie nicht so zimperlich, da werden gerne mal Tier- oder nicht zitierfähige Vergleiche gebracht. Ich denke, die "Meldeportale gegen Hass und Hetze" entstanden aus der PROJEKTION eigener Gefühle. Nachdem Bärbel Bas NICHT VERSTANDEN hat, WARUM Unternehmer ("in ihren Ledersesseln und Maßanzügen!") gelacht haben ob ihrer unfassbaren Aussage, die Beitragszahler würden nicht belastet, weil der Staat (Steuerzahler) zahle, wird der Majestätsbeleidigungs - §188 vielleicht erweitert um den Satz: VERBOTEN ist, über Politiker zu lachen, §188 a www.bild.de/politik/inland/805-strafantraege-kein-minister-zeigt-so-viele-buerger-an-wie-habeck-67	2

	Steve Acker 5. Dezember 2025
	Sehr guter text ich möchte noch ergänzen. Es ist nicht nur dass die Leute immer empfindlicher werden. Das Cancelling läuft dass man jeden Text, jedes Wort zerpflückt, und sich überlegt: dieses verletzt die Person, und dieses verletzt jene Person, einfach ohne diese personen zu fragen. und dann alles canceln. Andrew Onuegbu, aus Nigeria stammender Wirt des Restaurant zum Mohrenkopf in Kiel, hat mal gesagt: die Weissen sollen aufhören den Schwarzen vorzuschreiben wovon sie sich verletzt zu fühlen haben, denn das ist auch Rassismus.	2

	Versusdeum 5. Dezember 2025
	@Uwe Lay Vielleicht ist es sogar noch einfacher: Viele heutige Bundespolitiker sind Studienabbrecher oder Absolventen brotloser woker Studiengänge. Politik ist für sie optimal werden, vor allem seit die Schreier nach oben gespült werden, weil jegliche Diskussion, Argumentation und Fakten unwichtig geworden aind. Jette Nietzard von den "grünen" hat das ja gerade erst gesagt: 40 Stunden malochen wird sie nicht. Und muss sie auch nicht, weil sie jetzt in einem Bundestagsbüro "arbeitet".	0

	Katholikheute 5. Dezember 2025
	Erwachsene mit dem Mindset von 4 jährigen, die vor der Supermarktkasse nach irgendwas schreien, was sie haben wollen, das ist das Ziel. Wonach sie aber dann schreien, das entscheiden andere.	0

	Versusdeum 5. Dezember 2025
	@gebsy Uns hoffentlich nicht, aber den Linkswoken offensichtlich: Seit mindestens 2015 wird von "unsere Demokratie" bei den umstrittensten gesellschaftlichen Themen bis hinein in die Parlamente stets maximalstmöglich gegen Andersdenkende gehetzt und Grundrechte bis hin zum passiven Wahl- und de facto sogar Stimmrecht von Abgeordneten ("Brandmauer") ganz oder teilweise ausgesetzt. Aber was soll man auch tun, wenn man immer weniger Argumente für die eigenen Ideologien hat, wie die auf allen Ebenen verheerende Bilanz der "Ampel" belegt? Sie hatte ihren Crash immerhin durch die längst gerichtlich verbotenen Lügen zum privaten Treffen vor 2 Jahren um einige Monate herauszögern können. Wer keine Argumente hat, schreit, lügt, hetzt und sucht sich ein gemeinsames Feindbild, einen Sündenbock. Wie praktisch, dass man sich den in der AfD selbst großgezogen hat. Hört dieser Alptraum denn wirklich nie mehr auf?	0

	Versusdeum 5. Dezember 2025
	"Modern Educayshun" eben Kann den grandiosen Kurzfilm nur wärmstens empfehlen. Mittlerweile ist er von der Wirklichkeit allerdings teilweise fast schon ein- oder gar überholt worden. Achtung: Nichts für sehr empfindliche Gemüter. "Ignore that. It will end". m.youtube.com/watch?v=iKcWu0tsiZM	0

	Versusdeum 5. Dezember 2025
	Moralismus-Atombomben und andere "Zitate des Monats" "Denn Emotionen, als Ersatz für Argumente inszeniert, werden zu moralischen Atombomben; einmal abgeworfen, ist jede Diskussion ausgelöscht. ... Wer hätte gedacht, dass Macht so billig zu haben ist." Das hätte der Physiker und Kabarettist Vince Ebert nicht besser formulieren können, der hoffentlich nicht wirklich resigniert alles hinwirft! So. Und jetzt lese ich den Rest.	0

	gebsy 5. Dezember 2025
	Ist uns die Feindesliebe abhanden gekommen? Diese Tragik kann sich nur entwickeln und am Leben erhalten, wenn die Bergpredigt missachtet wird ...	0

	Uwe Lay 5. Dezember 2025
	Der Wille zur Machtergreifung Das klingt zwar gut, ist dieser Kommentar aber auch zutreffend? Der Wille, bestimmen zu können, wer an einer Universität reden darf und wer nicht,ist doch in erster Linie ein Wille zur Macht! Ein klares Feind- Freund- Schema liegt dem zugrunde, getreu der Maxime Robespierres, daß den politischen Feinden (der Freiheit) keine Freiheit gewährt werden dürfe.Das ist mehr Machiavelli als eine Folge von verzärtelter Dünnhäutigkeit. Uwe Lay Pro Theol Blogspot	3

	aramis1976 5. Dezember 2025
	Generation Mimimi Dem kann ich nichts hinzufügen. Generation Mimimi ist hier vollkommen richtig beschrieben worden. Danke.	0

	Die Erinnerung 5. Dezember 2025
	Alles wie früher Die wenigen Jahrzehnte geistiger Freiheit sind in Deutschland endgültig vorbei. Das konservative Spießertum kläffte zwar damals noch „dann geh‘ doch nach drüben“, aber es hatte an den Universitäten nichts zu melden. „ Dieses Land braucht dringend eine Rückbesinnung auf Tugenden wie Robustheit, Tapferkeit, Widerspruchsfähigkeit und Gedankentoleranz – Eigenschaften, die selbstständig denkende, erwachsene Menschen hervorbringen.“ Das sind genau die Tugenden, die der katholische Konservatismus früher immer bekämpft hat. Dies ist einer der Hauptgründe für die heutige Misere.	0

	persona 5. Dezember 2025
	Ideologien ...erklären uns die Welt, sagen uns, was wir zu denken haben, sagen uns, was wir sagen dürfen und was nicht,...und wenn einer anderer Meinung ist, wird er diffamiert und in die Schmuddelecke gestellt	1

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